Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus verspricht nicht nur Chancen, sondern auch neue Herausforderungen. Wie kann eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Mensch und Maschine zukünftig aussehen und was ist dafür notwendig? Ein Blick auf die Entwicklung des heutigen Journalismus wirft relevante Fragen auf.

Welche Auswirkungen hat KI im Journalismus?

Heutzutage ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz keine Frage mehr, ob sie genutzt wird, sondern vielmehr auf welche Art und Weise. Denn die Fortschritte der Digitalisierung, welche nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche betrifft, prägen auch den Journalismus nachhaltig.  Die dominanten Berichterstattungen im Narrativ einer möglichen Übernahme der Weltherrschaft oder Arbeitsplatzverlust durch KI hemmen allerdings die Diskussionen. Folglich wird die Aufmerksamkeit von realen Herausforderungen und Chancen, die bereits durch den gegenwärtigen Einsatz von KI im Journalismus existieren, abgelenkt. Mögliche Vorteile der Implementierung von KI sind unter anderem die Umverteilung von Ressourcen im Sinne der Effizienzsteigerung. Ein Beispiel ist die automatisierte Textgenerierung, wie das Sprachmodell ChatGPT. Hierbei sollten Herausforderungen, wie Datenabhängigkeit, jedoch nicht vernachlässigt werden, da diese weitreichende Folgen, wie kognitive Verzerrungen bis hin zur Diskriminierung beim Einsatz der Technologie, mit sich bringen können. Bereits jetzt ist eine Veränderung des Verhältnisses zwischen Mensch und Maschine, die sogenannte „Human-Machine Interaction“, zu beobachten.  Die Implementierung von KI im Journalismus verändert die Dynamik von Medienorganisationen hin zu Umgebungen, in denen Mensch und Technologie gemeinsam agieren. Dies betrifft sowohl individuelles Handeln als auch gesellschaftliche Ebenen, wie sie im Journalismus zum Tragen kommen. Der aktuelle Stand der Journalismusforschung zeigt, dass der Einsatz von KI das vielversprechende Potenzial aufweist, eine der wegweisendsten technologischen Innovationen seit dem Internet zu sein und somit als Kern eines neuen Journalismus betrachtet werden kann. Dabei lohnt sich ein Blick auf Arbeitsroutinen, Rollen und Verantwortlichkeiten im Journalismus hinsichtlich medienethischer Perspektive.

Was bedeutet das für die Beteiligten?

Expert:innen gehen davon aus, dass KI und ihre vielfältigen Anwendungsbereiche die Rolle von Journalist:innen nicht vollständig ersetzen werden. Vielmehr ist eine Verschiebung der Arbeitsaufgaben zu beobachten, bei der menschliche Tätigkeiten, wie die Übernahme von Routinetätigkeiten, von Maschinen übernommen werden. Hierbei kann der Einsatz von KI eine effektive Unterstützung im gesamten journalistischen Prozess bieten. Ein Beispiel ist die automatisierte Analyse großer Datenmengen zur Identifizierung von Trends oder die Erstellung von ersten Entwürfen von Artikeln. Jedoch sollten die Herausforderungen und Grenzen, wie zum Beispiel der Umgang mit Datenschutz, nicht außer Acht gelassen werden. Zudem ist die Verantwortungsdiffusion von künstlich erzeugten Medien (auch Synthetische Medien genannt) und Rechenschaftspflicht herausfordernd. Während KI beispielsweise dazu in der Lage ist, große Datenmengen zu analysieren und Trends zu identifizieren, fehlt oft die Fähigkeit zur Interpretation von komplexen kulturellen oder politischen Zusammenhängen. In solchen Fällen ist menschliches Urteilsvermögen und Fachwissen unerlässlich, um Inhalte kritisch zu reflektieren und einzuordnen. Es ist offensichtlich, dass die Zukunft Synthetischer Medien eine Koevolution von Technologie, Menschen und Gesellschaft mit sich bringen wird. Die Verschmelzung von KI und Journalismus könnte folglich als eine Mensch-Computer-Symbiose beschrieben werden, wobei von einer zunehmenden Konvergenz von Konkurrenz und Kollaboration hinsichtlich der Integration von KI im Journalismus auszugehen ist. Die Automatisierung sollte demnach so eingesetzt werden, den Menschen nicht durch Maschinen zu ersetzen, sondern journalistische Produktionsprozesse mittels technologischer Stärken zu optimieren.

Welche Verantwortung tragen die Beteiligten?

Betrachtet man die Möglichkeiten und Herausforderungen, haben menschliche Akteur:innen einen enormen Einfluss und tragen die Verantwortung dafür, wie KI-Systeme letzten Endes operieren und die Medien sowie das Publikum beeinflussen. Die Ausrichtung der zukünftigen Entwicklung Synthetischer Medien sollte dementsprechend in Übereinstimmung mit menschlichen Prinzipien erfolgen und am Gemeinwohl ausgerichtet sein. Mit Blick auf die Herausforderungen ist es vor allem für Journalist:innen im Rahmen eines demokratisch orientierten Journalismus erstrebenswert, seriösen und professionellen Journalismus für entsprechende Zielgruppen zugänglich zu machen. In Anbetracht der multiplen Krisen und der zunehmenden Verbreitung von Desinformationen sowie des daraus resultierenden wachsenden Misstrauens gegenüber Informationsquellen gewinnt hochwertiger Journalismus zusätzlich an Relevanz für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft.

Ein ganzheitliches Verständnis und gemeinsame Verantwortung sind gefragt

Der Journalismus befindet sich somit inmitten einer soziotechnischen Transformation, die eine grundlegende Veränderung in der Informationsverarbeitung und -verbreitung sowohl auf journalistischer als auch gesellschaftlicher Ebene mit sich bringt. Außerdem ändern sich die Mittel und Methoden, mit denen diese Berichterstattung erfolgt. Diese Entwicklungen zeigen, dass der Einsatz von KI im Journalismus nicht als isoliertes Phänomen betrachtet werden kann. Dementsprechend erfordert die Nutzung von KI im Journalismus eine rechtliche sowie ethische Ausrichtung durch politische Diskurse und klare Rahmenbedingungen. Diese Verantwortung teilen unter anderem KI-Entwickelnde, Redaktionen, Journalist:innen, Nutzende und politische Entscheidungstragende. Die zukünftige Entwicklung des Journalismus braucht demnach ein ganzheitliches Verständnis, national wie international. In den Nachrichtenorganisationen bedeutet dies für die Mitarbeitenden einen verstärkten Fokus auf neue Kompetenzen und die Etablierung interdisziplinärer Teams, da KI in weitreichende soziale und organisationale Kontexte implementiert ist und auf vielfältige Art gestaltet werden kann. Dabei sollte die Technologie als unterstützendes Werkzeug in technischer und redaktioneller Hinsicht eingesetzt werden. Außerdem geht jene Nutzung über technisches Know-how hinaus, was erneut die Notwendigkeit von neuen Kompetenzen verdeutlicht. Denn die Verantwortung für die Ergebnisse und Endprodukte liegt nach wie vor bei den Mitarbeitenden. Die zukünftige Zusammenarbeit von Mensch und Maschine verspricht folglich großes Potenzial für eine effektivere journalistische Arbeitsweise, die die Mitarbeitenden entlasten. Nichtsdestotrotz bedarf es einer reflektierten Nutzung, um sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen im Sinne der journalistischen Werte erfolgreich zu bewältigen.


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