Die Kitaplatzvergabe verläuft in vielen Kommunen unkoordiniert, langsam und intransparent. Wie es auch anders geht, zeigt die KitaMatch-Software, deren Verbreitung wir durch eine Schritt-für-Schritt-Anleitung unterstützen.

In den meisten Kommunen gibt es große Probleme bei der Vergabe von Kitaplätzen. Ursächlich dafür ist vor allem ein Mangel an Kitaplätzen. Ein weiterer wichtiger Grund für die Probleme bei der Vergabe liegt darin, dass der Vergabeprozess oft unkoordiniert, langsam und intransparent verläuft. Dies stellt eine große Belastung für das Personal in den Kitas, den Jugendämtern, aber ebenso auf Seiten der Eltern dar. Die Probleme sind nicht neu. In einer von uns im Jahr 2020 in Auftrag gegebenen Umfrage gaben lediglich ein Drittel aller Eltern mit Kindern unter 6 Jahren an, dass sie mit der Vergabe von Betreuungsplätzen zufrieden sind.

Wie es auch anders geht, zeigt die KitaMatch-Software, die seit 2017 vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) entwickelt und bereits in sieben Pilotkommunen im Landkreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen erfolgreich eingesetzt wird. Die Vorteile der Software, welche wir in einem Impulspapier im Sommer 2021 vorgestellt haben, erlauben eine koordinierte Kitaplatzvergabe. Das heißt, mithilfe eines Matching-Algorithmus ermöglicht es die Software, dass die Präferenzen von Eltern und Kitas bestmöglich in Einklang gebracht werden. Dieses Verfahren birgt dadurch gegenüber dem Status quo erhebliche Vorteile in Hinblick auf Fairness, Effizienz und Transparenz.

KitaMatch in den Transfer bringen

KitaMatch ist eines der wenigen Beispiele, bei dem ein Algorithmus von einem nicht kommerziellen Anbieter eingesetzt wird, um ein gesellschaftliches Problem zu adressieren. Da die Software bislang auf eine sehr positive Resonanz gestoßen ist, leisten wir im Projekt reframe[Tech] einen Beitrag, dass noch mehr Städte und Kommunen dieses Verfahren nutzen können. Aus diesem Grund haben wir das ZEW bei der Entwicklung des KitaMatch-Manuals unterstützt. In der Vergangenheit konnte die KitaMatch-Software nur in Zusammenarbeit und mit Beratung des ZEW angewandt werden. Damit interessierte Städte und Kommunen die erfolgreich erprobte KitaMatch-Software selbstständig einführen und nutzen können, wurde das KitaMatch-Manual entwickelt, welches auf der Website www.kitamatch.com bereitgestellt wird.

Die Vorteile von KitaMatch

Auf der Website findet sich zunächst ein Überblick über die Vorteile der KitaMatch-Software für Jugendämter, Kitas und Eltern. Zunächst leistet das Verfahren für alle drei Gruppen mehr Transparenz. Das Jugendamt und die Kitas können sicher sein, dass die verfügbaren Kitalätze an diejenigen Kinder verteilt werden, die nach den Aufnahmekriterien höher priorisiert sind. Das sorgt wiederum dafür, dass Eltern die Entscheidungen über Zu- bzw. Absagen besser nachvollziehen können und das Verfahren dadurch fairer ist. Ein weiterer wichtiger Vorteil für Jugendämter liegt darin begründet, dass mit der KitaMatch-Software unkompliziert festgestellt werden kann, welche Kinder unversorgt geblieben sind und wie viele Plätze tatsächlich vor Ort fehlen. Außerdem ist es für Jugendämter von Vorteil, dass die Software open source und kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Dadurch kommt es weder zu Lizenzkosten noch zu Abhängigkeitsverhältnissen, die bei proprietärer Software üblicherweise anfallen. Für Kitas liegt ein weiterer Vorteil in der Flexibilität, die die Software auszeichnet. Kitas können in besonderen Fällen, zum Beispiel in Hinblick auf die Geschlechts- und Altersstruktur der Gruppe oder der gleichzeitigen Unterbringung von Geschwisterkindern, von dem Kriterienkatalog abzuweichen.  Für Eltern liegt abschließend ein großer Vorteil darin, dass sie zu einem festgelegten Termin Rückmeldung zu der Bewerbung bekommen und dadurch mehr Planungssicherheit haben.

Abbildung 1: Die Nutzeroberfläche der Website www.kitamatch.com

Quelle: www.kitamatch.com

Der KitaMatch-Wegweiser als Navigationshilfe

Da auf der Website www.kitamatch.com notwendigerweise sehr detailliert beschrieben ist, wie die KitaMatch-Software eingeführt werden kann, haben wir für einen ersten Ein- und Überblick den KitaMatch-Wegweiser erstellt. Er dient dazu, die Website besser navigieren zu können und Orientierung zu stiften. Der Wegweiser richtet sich insbesondere an Kitaleitungen bzw. Trägervertretungen, wie auch Jugendämter, die die Einführung und Anwendung der koordinierten Platzvergabe maßgeblich mitgestalten. Das Herzstück des KitaMatch-Wegweisers ist eine Lesehilfe für Kitas und Jugendämter. Die Lesehilfe umfasst die wichtigsten Schritte, die bei der Einführung der KitaMatch-Software zu beachten sind, und legt dar, welche Kapitel des Manuals für Kitas bzw. Jugendämter besonders wichtig sind. Das Ziel des Wegweisers ist es damit, Kitas und Jugendämtern einen schnellen Überblick zu vermitteln, wie das Manual gelesen werden kann, um die KitaMatch-Software erfolgreich einzuführen.

Die KitaMatch-Software stellt ein exzellentes Beispiel dafür dar, wie Algorithmen gezielt für das Gemeinwohl eingesetzt werden können. Damit befindet es sich in noch exklusiver Gesellschaft, da sehr wenige konkrete Anwendungsbeispiele für gemeinwohlorientierte Algorithmeneinsätze aus dem Non-Profit-Sektor existieren. Mit der Veröffentlichung des KitaMatch-Manuals und des KitaMatch-Wegweisers unterstützen wir die Verbreitung eines konkreten Anwendungsfalls. Dadurch erhoffen wir uns nicht nur eine noch breitere Anwendung der KitaMatch-Software. In gleicher Weise möchten wir den Wissensaufbau unterstützen. Indem das Wissen zivilgesellschaftlicher Akteur:innen und des öffentlichen Sektors über die konkreten Möglichkeiten von Algorithmeneinsätzen für das Gemeinwohl gestärkt wird, finden im besten Falle in Zukunft noch deutlich mehr erfolgreiche Anwendungsfälle den Weg in die Praxis.

Auch nach der Veröffentlichung des KitaMatch-Manuals und -Wegweisers wird die Bertelsmann Stiftung dem Projekt verbunden blieben. Künftig wird die Stiftung mit ihrer Expertise im Bereich der frühkindlichen Bildung als Ansprechpartnerin für den Einsatz der KitaMatch-Software zur Verfügung stehen.


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